



 
 



 
 
|
Doppelmord von Dr. Rolf Kornemann


Vermögensverfall deportierter Juden

Mit der ersten
Deportation stellte sich die bis dahin dilatorisch behandelte Frage, wie das Vermögen dieser
Juden zu behandeln sei. Alle zuvor erwähnten Gesetze, Verordnungen und Erlasse betrafen -
streng genommen - nur ausgewanderte, vertriebene, geflohene Juden
26). Als besonders dringlich erwies
sich hierbei die Behandlung des Grundvermögens deportierter Juden. Nach den
vorangegangenen Erlassen des Reichsfinanzministeriums an die Oberfinanzdirektionen waren sie nur in
Verwahrung zu nehmen. Die Umschreibung im Grundbuch konnte, aber mußte nicht beantragt werden.
Im Falle einer Beantragung ersetzte die Einziehungsverfügung mit Zustellung der Urkunde durch
den Gerichtsvollzieher die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung erforderlichen Erklärungen
27).
Im Sinne der nationalsozialistischen Bestrebung, die Judenvernichtung streng nach
Recht und
Ordnung abzuwickeln, schuf die "Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941"
28) endlich Klarheit. Nach dieser
Verordnung verloren Juden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten, wozu prinzipiell die
Standorte der Konzentrationslager zählten, ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Ihr Vermögen
verfiel dem Deutschen Reich. Das Reich wiederum haftete für die Schulden eines Juden, dessen
Vermögen verfallen war, nur bis zur Höhe des Verkaufswertes
derjenigen Sachen und Rechte,
die in die Verfügungsgewalt des Reichs gelangten. Grundbücher, soweit sie durch den Verfall
unrichtig geworden waren, waren auf Ersuchen des Oberfinanzpräsidenten Berlin - der hierfür
reichseinheitlich zuständigen Stelle - gebührenfrei zu berichtigen. Zur Eintragung des
Verfalls einer Hypothek - so die Verordnung - bedurfte es der Vorlegung eines Briefes nicht.
Nach Auffassung des Reichssicherheitshauptamtes war es nun endgültig möglich, legal
das Vermögen deportierter Juden zu konfiszieren. Es sollte nicht länger mehr
nur "vorsorglich" beschlagnahmt werden.

Mit der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 begann der
letzte Abschnitt der systematischen Judenvernichtung. Ziel war die Aufstellung eines allumfassenden
Deportationsplans für die Juden aus dem gesamten europäischen Raum. Die in Kürze danach
ergangenen Erlasse enthielten präzise Einzelheiten über die Verwaltung und Verwertung des
Vermögens von Reichsfeinden29)
. Mit der "13. Verordnung zum Reichsbürgergesetz" am 1. Juli 1943
30)sollte das großdeutsche Reich
"judenfrei" und damit sämtliches jüdisches Vermögen eingezogen sein.


© Copyright by Dr. Rolf Kornemann
© Layout Birgit Pauli-Haack 1997
|