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Doppelmord von Dr. Rolf Kornemann


Mieterschutz

Betrachten wir nunmehr das speziell gegen Juden gerichtete Mietrecht.
Interessanterweise enthielten die für alle Reichsdeutschen geltenden Gesetze,
Verordnungen und Erlasse kaum bevölkerungsspezifische Einschränkungen. Die
Rechtsprechung dagegen hatte immer wieder - entgegen dem Wortlaut des geltenden Rechts -
im vorauseilenden Gehorsam Juden diskriminiert, so z. B. beim Mietrecht. Nach einem Urteil
des Amtsgerichts Nürnberg war
das Mieterschutzgesetz als die Verwirklichung
der Volksgemeinschaft auf dem Gebiete des Wohnungswesens zu betrachten,
das auf "außerhalb der Gemeinschaft des deutschen Volkes stehenden
Personen keine Anwendung finden könne"
33).

Unabhängig von solchen -
ich möchte fast sagen: eigenmächtigen - Interpretationen wurde im Laufe der
Zeit eine Vielzahl spezieller, antijüdischer Gesetze erlassen; zu erwähnen
ist u.a. das "Gesetz über die Mietverhältnisse mit Juden" vom 30. April 1939
34), wodurch der Mieterschutzzwang
nicht generell aufgehoben, aber in die Mietverhältnisse mit Juden zu deren Ungunsten eingegriffen
werden konnte. Der Mieterschutz wurde gelockert, eine vorzeitige Kündigung gegenüber Juden
für zulässig erklärt, auch dann, wenn der Vertrag auf bestimmte Zeit geschlossen oder
eine längere als die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart worden war. Untermietverträge
durften die Juden nur mit Juden abschließen. In Berlin, München und Wien konnte sich der
jüdische Mieter auf den Mieterschutz auch dann nicht berufen, wenn der Vermieter Jude war.


© Copyright by Dr. Rolf Kornemann
© Layout Birgit Pauli-Haack 1997
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