Shoah Project Vernichtungskrieg.
Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944

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Debatte im Deutschen Bundestag
(Forts.) Alfred Dregger

Die Kritiker der Wehrmacht sollten bedenken, daß nicht einmal das Nürnberger Siegergericht die Wehrmacht verurteilt hat und daß unsere ehemaligen Kriegsgegner ihr zum Teil hervorragende Zeugnisse ausgestellt haben. Ich nenne General de Gaulle, General Eisenhower, Marschall Schukow und den bedeutenden britischen Militärschriftsteller Liddel Hart.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nach dem Krieg die Lage für den Westen angesichts der beginnenden Auseinandersetzung mit der Sowjetunion schwieriger wurde, hat sich der Westen bei Bundeskanzler Adenauer um die Neuaufstellung deutscher Streitkräfte bemüht. Diese Neuaufstellung wurde zu einer grundlegenden Militärreform genutzt. So entstand im Auftrage Konrad Adenauers und seiner Koalition, von erfahrenen Wehrmachtoffizieren herangebildet, unsere Bundeswehr, auf die wir stolz sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auf eine weitere Tatsache muß hingewiesen werden: Bei den Soldaten des Zweiten Weltkrieges und ihren Angehörigen geht es nicht um eine kleine, abgrenzbare Gruppe unseres Volkes, sondern um die gesamte Bevölkerung der damaligen Zeit. Fast alle Männer waren eingezogen. Natürlich waren auch die Mütter, die Schwestern, die Töchter, die Freundinnen und Ehefrauen der Soldaten mitbetroffen. Es geht in dieser Frage also um unser Verhältnis zu einer ganzen Generation unseres Volkes. Wer versucht -- diese Versuche gibt es --, die gesamte Kriegsgeneration pauschal als Angehörige und Helfershelfer einer Verbrecherbande abzustempeln,

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der will Deutschland ins Mark treffen. Dagegen wehren wir uns.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. -- Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja unglaublich!)

Das können wir nicht dulden; denn aus solchem Selbsthaß kann nichts Gutes entstehen: kein rationales, berechenbares Verhalten in der Politik und keine wirkliche Versöhnung. Dieser Selbsthaß führt weg von dem, was eigentlich das Wichtigste ist und im Zentrum stehen sollte: von der wirklich tief empfundenen Trauer um die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft; von der Einsicht in das menschliche Leid, das damals grundgelegt wurde und bis heute nachwirkt,

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hitler fiel doch nicht vom Himmel!)

und -- um ein Beispiel heranzuziehen -- von dem unendlichen Verlust, den die Nazis durch die Vernichtung der deutschen Juden vor allem auch Deutschland zugefügt haben. Die Vernichtung der deutschen Juden war ein Verlust für Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. -- Zuruf von der PDS: Unglaublich!)

Wer weiß, was die deutschen Juden in der deutschen Wissenschaft, in der deutschen Wirtschaft und in der deutschen Kultur geleistet haben, der wird mir vielleicht zustimmen. Noch eines sollten wir nicht vergessen: Die Vertriebenen- und die Soldatenverbände haben als erste -- zunächst mit unseren ehemaligen Kriegsgegnern im Westen, dann auch mit unseren ehemaligen Kriegsgegnern im Osten -- zur Versöhnung aktiv beigetragen. Das alles gehört zu den Friedenswerken, die Europa braucht, um den Frieden tief in den Herzen der Menschen zu verankern. Wenn die Ausstellung wenigstens ein Stückchen eines Beitrages dazu geleistet hätte, hätte sie noch einen Sinn haben können.

(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Haben Sie sie denn gesehen? Haben Sie sie sich denn angeschaut?)

Aber das ist nach meinem Eindruck nicht der Fall. Im Gegenteil: Die Ausstellung versöhnt nicht, sie spaltet. Sie empört durch die Art ihrer Darstellung die Generation der Großväter und Väter und verwirrt die Generation der Söhne und Enkel.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein, wir sind überhaupt nicht verwirrt! Wenn wir Sie hören, sind wir so klar wie nur was! -- Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der SPD)

Wer auf diese Weise einen Keil zwischen die Generationen -- -- Halten Sie doch einmal die Klappe, Herr Fischer! Daß Sie laut schreien können, wissen wir auch so.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege Dregger, ich muß Sie jetzt darauf hinweisen, daß die angemeldete Redezeit weit überschritten ist. (

Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Dregger, wir sind völlig klar im Kopf! Ein unsäglicher Dreck, den Sie hier absondern! -- Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Alfred Dregger (CDU/CSU): Frau Präsidentin, ich habe meine Rede gehalten, ohne auf das schlechte Benehmen einiger Kollegen hinzuweisen.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schlechtes Benehmen? Das ist unglaublich, was Sie hier vortragen! -- Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der SPD)

Herr Fischer, so wie Sie sich heute hier verhalten haben, verhält sich kein Parlamentarier. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU -- Gerald Häfner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gab es Verbrechen der Wehrmacht oder nicht, Herr Dregger?)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir wußten alle, als dieses Thema aufgerufen wurde, daß es eine sehr schwierige Debatte werden würde. Ich denke, wir sollten das berücksichtigen.

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© Birgit Pauli-Haack 1997 - 1999