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KZ Dachau das erste Konzentrationslager Aktuell
Süddeutsche Zeitung vom 18. Okotber 1997 Dachau-Messe erklingt wieder 30 Jahre lang galt das im KZ komponierte Werk als verschollen Von Dietrich Mittler DACHAU 30 Jahre lang galt die 1944 im Konzentrationslager Dachau komponierte Dachau-Messe des Benediktinerpaters Gregor Schwake als verschollen. Jetzt soll das eindrucksvolle Werk (Missa antiphonaria, F-Dur: Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Agnus Dei) am heutigen Samstag in der katholischen Pfarrgemeinde St. Petrus und Paulus in Friedrichshafen-Ettenkirch erstmals wieder aufgeführt werden. Zwar ist die Originalfassung für Männerchor und Blechbläser nach wie vor nicht aufgetaucht, doch im Laufe mühevoller Recherchen gelang es Eleonore Philipp vom Verein Zum Beispiel Dachau Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der Dachauer Zeitgeschichte, im Franziskanerinnenkloster Reute in Bad Waldsee eine Bearbeitung der Dachau-Messe für einen Frauenchor mit Orgelbegleitung ausfindig zu machen. Dort war Pater Schwake im Sommer 1945 nach der Befreiung aus dem KZ einige Zeit zur Erholung untergebracht. Viele Musikschöpfungen, die im Dachauer Priesterblock entstanden sind, sind jedoch immer noch verschollen und vergessen, bedauert Eleonore Philipp. Da mittlerweile keiner der Komponisten mehr lebe, sei es heute außerordentlich schwer, den Verbleib ihrer Werke aufzuspüren. Auch Schwake hat die Originalfassung seiner Dachau-Messe am 13. Juni vor 30 Jahren mit ins Grab genommen. Mit 1,92 Metern Größe war er ein Hüne, den seine Mitmenschen als geradezu charismatisch beschreiben dabei stets lebensfroh, gütig und den Mitmenschen zugewandt. Der promovierte Musikwissenschaftler beherrschte sieben Instrumente, seine große Liebe galt jedoch der Orgel und dem Gesang. Schwake war ein Verfechter des gregorianischen Chorals.
Am 2.
Januar 1944 war der am Niederrhein geborene Pater ins KZ
Dachau überwiesen worden, wegen Bemerkungen
über Zeitverhältnisse in der Kirche. Die
Musik wurde ihm zum Trost in einer Terrorwelt hinter
Stacheldraht. Die erste Komposition Schwakes im Lager, ein
mehrstimmiger Gesang für die im Priesterblock
abgehaltenen Exerzitien, entstand am 22. Mai 1944. In
seinen Erinnerungen hielt der Pater später fest,
wieviel Halt ihm diese Arbeit in der Gefangenschaft
gegeben hat: Ich merkte mit Wonne, daß mein
Geist, mein ganzer Geist meilenweit vom
Konzentrationslager Dachau, von seinen Stacheldrähten
und Gemeinheiten entfernt war. Anfang nächsten
Jahres soll die so lange verschollene Messe auch in Dachau
aufgeführt werden.
© Birgit Pauli-Haack 1997 |