Kids im Nazi-Regime
Widerstand Jugendlicher gegen den Nationalsozialismus

von Michael Lichte


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Jugendliche zwischen HJ und Staatsverbrechen

Am 20.Juli 1944 erfolgte der, leider erfolglose, Putsch gegen die Nazi-Diktatur. Jährlich werden zu diesem Datum offizielle Gedenkfeiern veranstaltet. In den meisten Schulbüchern ist das Ereignis ein zentraler Punkt im Bezug auf die deutsche Widerstandsbewegung. Ohne die Bedeutung des 20.Juli 1944 schmälern zu wollen, muß aber auch gesagte werden, daß durch diese Herausstellung andere Widerstandsgruppen etwas in den Hintergrund treten.

Zum Beispiel der Widerstand Jugendlicher. Mit Ausnahme der "Weißen Rose" wird der Widerstand dieser Gruppe weit weniger beachtet als der 20.Juli. Wie im Falle der "Edelweißpiraten" wird der Widerstand sogar nicht als solcher anerkannt. Als sich 1978 eine Bürgerinitiative dafür einsetzte, daß eine Gruppe von Edelweißpiraten um Bartholomäus Schink, die 1944 von der Gestapo öffentlich gehängt wurde, als Widerstandskämpfer geehrt werden sollte, bezeichnete sie der Kölner Regierungspräsident als"Staatsverbrecher" und lehnte die Ehrung ab. Sehr leicht entsteht der Eindruck, daß die Jugend im Dritten Reich nur aus jubelnden HJ-Massen bestand. In der Wirklichkeit gab es eine große Anzahl von jugendlichen Widerstandsgruppen, die ein Bestandteil des deutschen Widerstandes gegen die NS-Diktatur waren. Unabhängig von der sozialen Herkunft hatten die Jugendlichen alle das gleiche Ziel, die Verweigerung und den Kampf gegen ein autoritäres Regime, das ihre Freiheiten zunehmend einschränkte und sie systematisch in den Krieg hineinzog. Um dieses deutlich zu machen, möchte ich zunächst einmal auf das Leben Jugendlicher im NS-Staat eingehen
.







Jugendliche in der NS-Diktatur

Der Alltag der Jugendlichen änderte sich bereits 1933. Gleich nach der sogenannten "Machtergreifung" wurden bündische und konfessionelle Jugendgruppen verboten. Für die Freizeitgestaltung der Jugendlichen bedeutete das, daß es als einzige Möglichkeit nur noch die NS-Jugendorganisationen. Mit Hilfe dieser Organisationenwollten die Nazis die Jugend vollständig in ihrem Sinne erziehen:

  1. Durch die ideologische Gleichschaltung der Jugend eine neue Revolution wie die von 1918 verhindern
  2. Die nationalsozialistische Idee durch die Jugendlichen für die Zukunft sichern
  3. Spätestens seit 1933 wurde auf einen Krieg hingearbeitet

"Die Ertüchtigung der deutschen Jugend, die von wehrhaften Geist erfüllt sein muß, ist unser Ziel. Mit pazifistischen internationalen Phrasen, werden wir uns unsere Stellung in der Welt nicht wieder erobern." (Völkischer Beobachter vom 21.Februar 1933)

Erfolgte der Eintritt in die Jugendorganisationen anfangs durch "freiwilligen Zwang", wurde er durch die Jugenddienstpflichtverordnung vom 25.März 1939 zur Pflicht. Dieses Gesetz bildete die Grundlage, die jungen Menschen nach dem 1.September 1939 immer mehr in den Krieg hineinzuziehen, so daß der Krieg bis 1945 weitgehenst ihren Alltag bestimmte. Dieser Alltag wurde bis ins Kleinste reglementiert. Dem jungen Menschen wurde vorgeschrieben, welche Musik er nicht hören durfte (z.B. Swing), welche Kleidung er zu tragen hatte, wie sein Haarschnitt sein mußte. Bei den NS-Jugendorganisationen, die in den aktiven Kriegseinsatz führten, handelte es sich um die Hitlerjugend und um ihre quasi Unterabteilung dem Bund Deutscher Mädel.

In den folgenden Punkten möchte ich diese Organisationen etwas näher beschreiben, weil man hier gut erkennen kann, wie sehr der Staat die Jugendlichen vereinnahmte, um sie in seinem Sinne zu erziehen.


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© Birgit Pauli-Haack 1997

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