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Doppelmord
KZ Dachau





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KZ Dachau
das erste Konzentrationslager

Dokumentation

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Süddeutsche Zeitung vom 16. November 1945
Konzentrationslager Dachau als Mörderschule
Am Donnerstag vormittag um 10 Uhr ist im Gerichtssaal des Lagers Dachau der Prozeß gegen Dr. med Klaus Schiling, ehemaliger Lagerarzt in Dachau, und 33 SS-Führer und Angestellte wegen Mordes und anderen Verbrechen eröffnet worden. Dachau, das bis zum Jahre 1933 kaum über die Grenzen Oberbayerns hinaus bekannt was, ist durch den Hitlerterror als Stätte des Grauens und namenlosen Elends, als berüchtigte Folterkammer und "Mörderlager" in der ganzen Welt nicht nur bekannt geworden, sondern hat es durch die unvorstellbaren Vorgänge, die sich in dem "ersten Konzentrationslager" der Hitlerherrschaft abgespielt haben, zu einer mehr als traurigen "Berühmtheit" gebracht.
Von Dachau begann der Wahnwitz des verbrecherischen blutigen Terrors der SS-Banditen sich auszubreiten; war Dachau die "Hohe Schule" für die berufsmäßigen Folterknechte und Henker, aus der sich die kommenden Führer für die wie Pilze aus dem Boden sprießenden neu gebildeten Lager wie Oranienburg, Sachsenhausen, Buchenwalde, Papenburg, Esterwegen, Mauthausen, Flossenburg, Belsen, Ravensbrück, Auschwitz und viele andere rekrutierten. Sowohl der Kommandant des berüchtigten Lagers Belsen wie auch der Chef von Buchenwalde, Mauthausen und Auschwitz haben ihre "Lehrzeit" in Dachau unter den Bluthunden Eike, Damaschke, Loritz, Weißenborn u.a. den Beweis erbracht, daß ihnen Foltern, Martern und Hinmorden wehrloser Gefangener in Fleisch und Blut übergegangen war.
Wenn jetzt in der Gerichtsverhandlung der bis zum 1. Mai 1945 über Dachau hermetisch verschlossenen Vorhang hinweggezogen wird, dann wird es vielen eiskalt über den Rücken laufen, wenn sie diese von sadistischen Bestien täglich und stündlich begangenen Schandtaten und Folterungen, von Zeugen belegt, erfahren werden. Abscheu und Ekel, aber auch Entsetzen und Schauder lähmt beim Anhören dieser Grausamkeiten die Zunge und man steht erschüttert wortlos vor einer solchen Entartung, vor soviel Scheußlichkeit und menschlicher Verkommenheit.
Es ist die tiefe Tragik des deutschen Volkes, daß ein solcher Rückfall in eine Barbarei, wie sie nicht einmal das Mittelalter in solcher furchtbaren Verirrung aufweist, als Folge wahnwitzigster Selbstüberhebung und Größenwahns uns überfallen konnte. Dieser "Rückfall" der "verschworenen Gemeinschaft" hat der Menschheit vier Millionen Gemordeter gekostet. Wer kennt die Menschen, wer die Namen derer, die durch die in Dachau ausgeklügelte Mord-Methode ihr Leben lassen mußten?
Der Prozeß wird einen Einblick gewähren in eines der traurigsten und gräßlichsten Kapitel des unsehligen Hitlerregimes, das bis zum 1. Mai 1945 "streng geheim" war. Nun sind die Fenster geöffnet und das helle Licht des nun beginnenden "Gerichtstages" wird die "Geheimnisse" grell beleuchten.
Den Vorsitz des Gerichts führt General John M. Leutz, während Oberstleutnant Denson als Oberstaatsanwalt die Anklage vertritt.
Max Weber



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© Birgit Pauli-Haack 1997
Zuletzt geändert: 13. November 1997