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Persönliche Töne zur Wehrmacht Bundestag debattierte über umstrittene Dokumentation Von Helmut Lölhöffel FR vom 15. März 1997 | ||
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Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Ich werde an dieser Stelle der Debatte drei angemeldete Kurzinterventionen zum Zuge kommen lassen. Danach gehen wir in die zweite Runde. Zu einer Kurzintervention haben sich gemeldet: die Kollegin Nickels, die Kollegin Steinbach und der Kollege Duve. Ich werde die Reihenfolge etwas durchmischen, indem ich zuerst dem Kollegen Duve, dann der Kollegin Steinbach und danach der Kollegin Nickels das Wort gebe.
Freimut Duve (SPD): Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS) Herr Dr. Dregger, hieran kann man doch das dramatische Mißverständnis der Kritiker der Ausstellung und auch derjenigen, die diese Ausstellung für ihre Zwecke instrumentalisieren wollen, festmachen. Jeder Soldat der Wehrmacht war auf einen Verbrecher vereidigt. Jeder Soldat mußte im Laufe des Krieges merken -- das wissen wir aus den Briefen der inhaftierten Leute des 20. Juli --, daß der persönliche Eid ein Eid auf einen Verbrecher war. Das war auch die Tragödie vieler Soldaten. Nach dem Krieg hat es keine Reform gegeben -- weder war das Amt Blank eine Reform, noch war es die neue Bundeswehr. Vielmehr gab es zum erstenmal in der Geschichte des Deutschen Militärs, das auf eine demokratische Verfassung vereidigt war. Das ist ein wesentlicher, ein qualitativer und grundsätzlicher Unterschied. Deshalb kritisieren wir auch all diejenigen, die Emotionen in der Bundeswehr schüren wollen, indem sie sagen: Ihr müßt euch jetzt beleidigt fühlen. Das zeigt, daß die Zäsur und dieser Bruch von denen, die so etwas sagen und entsprechend handeln -- nicht alle --, nicht gesehen werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das, Herr Dr. Dregger, wäre Ihre große Aufgabe gewesen als ein Soldat der Hitler-Armee, der Wehrmacht, der hier -- manchmal sehr ergreifend -- berichtet hat, was er erlebt hat und was er empfinden mußte, als er mit den Flüchtlingen zurückgetrieben wurde und versuchte, Flüchtlinge zu schützen. Ich habe sehr wohl im Ohr, was Sie dazu gesagt haben. Aber diesen Unterschied zwischen Soldaten, die auf ein solches System und auf einen solchen Mann vereidigt waren, und einer demokratischen Bundeswehr, der eine Verfassung den Rahmen und das Recht gibt, dürfen wir keine Sekunde vergessen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS) Lassen Sie mich, Graf Lambsdorff, noch eine zweite Sache ansprechen. Wir haben Kollegen hier im Bundestag -- in unserer Fraktion und auch in anderen Fraktionen -- gehabt, die als 17jährige, als 18jährige in die Waffen-SS gezogen wurden. Ich spreche von konkreten Kollegen. Sie haben ihr Leben lang darunter gelitten, daß selbst sie, die 1944 dorthin gezogen wurden, immer zu der Gruppe gehörten, von der pauschal alle sagen: Ihr wart ja SS; wir waren ja die Soldaten. Auch aus diesem Grunde ist diese Ausstellung von besonderer Bedeutung. Die Pauschalierung ist weg. Auch diese Ausstellung pauschaliert Schuld nicht, sondern sie weist auf etwas hin. Eine dritte Bemerkung zu Otto Schily. Ich war letzte Woche in der merkwürdigen Situation, daß ich das Haus in Osijek fand, in dem meine jüdische Großmutter abgeholt wurde. Nie hätte ich gedacht -- diese 60 Jahre, die ich lebe --, daß ich eine Frau sprechen würde, die das gesehen hat. Wir dachten nicht, daß noch irgend jemand lebt. Ich habe mit dieser Frau gesprochen. Sie hat mir genau beschrieben, wie das passiert ist: unter dem Schutz auch deutscher Soldaten. Aber es waren kroatische Ustaschas, die die alte Frau, die beinbehindert war, auf einen Lastwagen geschmissen haben. Wir wissen nicht, ob sie in Auschwitz oder in einem anderen Lager umgekommen ist. Aber ich habe auch zwei Brüder meiner Mutter, die in der Wehrmacht, die in Rußland waren. Beide Soldaten hat dieser Krieg bis zu ihrem Tod nicht verlassen. Ich glaube, Herr Dr. Dregger, Herr Dr. Lambsdorff und viele von uns, uns alle wird dieser Krieg bis zu unserem Tod nicht verlassen. Deshalb sollten wir sehr behutsam und sehr sorgsam mit ihm umgehen -- so, wie es der Kollege Schily gemacht hat. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS) Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Ich unterstelle, daß Gegenrede nicht gewünscht wird. Deshalb jetzt die Kollegin Steinbach, bitte.
Erika Steinbach(CDU/CSU): (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsident Hans-Ulrich Klose: Herr Kollege Dregger, ich schlage vor, wir hören die Kollegin Nickels an, und dann frage ich generell. |
© Birgit Pauli-Haack 1997 - 1999