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Jan Philip Reemtsma
Keneth Kronenberg
Ken McVay & Jamie McCarthy

über's Projekt

Interview mit
Kenneth Kronenberg

geführt im Februar 1997
von Birgit Pauli-Haack
Teil I

Essays
seine Homepage:
Holocaust Translations

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Kenneth Kronenberg über sich:

Ich bin 50 Jahre alt und lebe in Brookline, Massachusettes, nur einen Steinwurf von Boston entfernt. Ich habe in meinem Leben schon sehr viel gemacht! Ich war politischer Aktivist in den späten 60ern und 70ern; 10 Jahre lang Atmungstherapeut, Lehrer und Heimleiter einer Schule für behinderte Kinder, 9 Jahre lang Taxifahrer und Übersetzer, Author und akademischer Lektor.

Zur Zeit beende ich gerade ein Buch für einen deutschen Kunden über dessen Familie, die 1840s nach Missouri ausgewandert ist. Es wird voraussichtlich diese Jahr in einem akademischen Verlag veröffentlicht.

Ebenso habe ich gerade die englische Übersetzung des Buches "In Auschwitz wurde niemand vergast! - 60 rechtsradikalte Lügen und wie man sie widerlegt" für einen deutschen Verleger beendet.


Shoah Project: Sie sind deutscher Abstammung. Wie ist Ihre Familie in die USA gekommen?

Kronenberg: Meine Eltern haben 1938 Deutschland verlassen, gingen zürst nach Havanna und Kolumbien und wurden von entfernten Verwandten in den USA unterstützt. Deren Eltern und andere Familienmitglieder wurden im Holocaust ermordet. Wie es so oft der Fall ist, habe ich wirklich sehr wenig über die Geschichte von meinen Eltern erfahren und habe es auch weiterhin vermieden bis vor drei Jahren. Sehr oft wollen Überlebende ebensowenig darüber sprechen wie die Täter. Das heißt nicht, daß ich überhaupt nichts darüber weiß.

Als ich sechs Jahre alt war kam ich einmal in das Nähzimmer meiner Mutter und fand sie, wie sie vor und zurück schaukelte immer und immer wieder "Mi" wimmernd. Ich konnte erkennen, daß sie nicht sie selbst war und daß ich nichts tun konnte, schon gar nicht fragen. Das habe ich auch nie getan.

Mehr als dreißig Jahre später habe ich meine nächste Verwandte, die Schwester meiner Mutter zum ersten Mal in Isreal getroffen. Wir gingen am Strand entlang und ich erzählte ihr von diesem Ereignis. Sie sah mich wie vom Blitz getroffen an und fragte: "Weißt Du nicht, wer Mi war?" Für mich war es immer nur eine Silbe gewesen, die ich dreißig Jahre lang behalten habe. Mi was die jüngste Schwester, Miriam, sie mußte bei ihrer Mutter bleiben und wurde in Riga umgebracht.

Shoah Project: Sie beschäftigen sich demnach erst seit drei Jahren intensiver mit dem Holocaust? Und wie sind Sie dann zu den Holocaust-Übersetzungen auf Ihrer WWW-Seite und von dementsprechenden Büchern gekommen?

Kronenberg: Ich werde versuchen mich hier so kurz wie möglich zu fassen, denn es ist eine ziemlich komplizierte Frage, wenn auch eine interessante - für mich wenigstens. Vor ungefär zweieinhalb Jahren habe ich zwei Symposien über deutsch-jüdische Geschichte organisiert und veranstaltet, vor allem über die Anfänge des rassistischen Antisemitismus im Kaiserreich und Entwicklungen während der Weimarer Republik. Infolge meiner totalen Meidung dieses Themas, wusste ich überhaupt nichts. Grundidee war mich dazu zu zwingen mich über diese so verhängnisvolle Geschichte zu erkundigen. Ich las also zum ersten Mal über die Ereignisse in Deutschland. Die Professoren, die ich einlud - zum Teil sehr bekannte - freuten sich ausserhalb der Akademie reden zu können. Dann kam noch dazu, daß die American Jewish Committee, das deutsche Generalkonsulat Boston, und andere Organizationen diese Symposien sponsorierten.

Vor dem zweiten Symposium, wurde ich von einer deutsch-jüdischen Dialoggruppe (ich war in einer Anderen - es gibt nämlich mehrere in Boston) eingeladen, darüber zu sprechen. Ich erwähnte, daß mein Vater aus Westfalen stammte. Daraufhin fragte mich eine ältere jüdische Frau, woher mein Vater eigentlich komme. Ich erwiderte, "Geseke." Es stellte sich heraus, daß ihre Mutter auch aus Geseke kam. Weiter erzählte sie, daß sie vor einigen Monaten dort war, und daß es in Geseke eine Gruppe gebe, die sich seit mehreren Jahren mit der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Geseke befasse.

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© Birgit Pauli-Haack 1997