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der artikel
die gegenwehr?
das interview
update 1.1
6. Februar 1997
Der Artikel erschient erstmals im wildpark - Magazin im Frühjahr 1996.
(eingestellt im Sommer 1997)



... free speech for nazis? - Update 1.1

Neben den zahlreichen Mails zu dem Artikel "Free Speech for Nazis" erhielt ich von einem User kürzlich eine URL, die mich zu dem AOL-Homepagebereich führte.

Eine der ersten deutschen und kurzfristig verbotenen Nazi-Mailboxen, Elias BBS, hat dort mit ihren Webseiten Einzug erhalten. Der altbekannte Mix aus Links, News über "antifaschistischen Terror" und Junge-Freiheit-kompatiblen "Wir-sind-keine Nazis-nur-konservative-junge- Menschen-die-über-Tabus-sprechen-möchten" -Anspruch wird dort von einem notorischen "Joschi" gehegt und gepflegt. Dank Compuserves und AOLs preiswerter Möglichkeit, eigene Homepages zu bauen, schiessen nun deutsche Sites mit faschistischem Inhalt wie Pilze aus dem Boden: NPD, Nationaler Informationsdienst, etc.

So ist es auch kein Wunder, daß zahlreiche Links auf der Elias Page mit einem blinkenden NEW versehen sind. Ein Link entpuppt sich als Pfad zum Web-Domain des berühmt-berüchtigten Thule-Netzes (online seit dem 10.07.96).

Thule-Pict

Thule-Netz - Germanische Esoterik-Kacke aus dem Norden

Das Thule-Netz wurde am 20.03.1993 vom System-Betreiber der "Wider-stand BBS", Thomas Hetzer, alias: Alfred Tetzlaff@90:900/1, in Erlangen gegründet. Ein dutzend anderer Mailboxen, u.a. auch die Elias, sind an dieses Fido-Netzwerk angeschloßen, dessen Name von zwei Quellen inspiriert ist. Thule galt im Altertum als das sagenhafte Land im hohen Norden, und hat daher für esoterisch-germanisch veranlagte Nazi-Recken einen gewissen Sex-Appeal. Doch es gibt auch einen Bezug in die Neuzeit zur "Thule-Gesellschaft", eine 1918 gegründete, extrem rassistische und anti-semitische Geheimgesellschaft des Germanenordens. Das Thule-Netzwerk ist ein integraler Bestandteil der deutschen Neo-Nazi Szene, da hier Aktive aus dem ganzen rechtsextremen Spektrum Erfahrungsaustausch betreiben können und über die Thuleinterne Datenbank Infomationen über politische Gegner abrufen können. Ungehindert, muß man hinzufügen, da fast der gesamte Datenverkehr innerhalb des Thule-Netzes mit PGP verschlüsselt wird.



O-Ton Thule

Im WWW stellt sich das Thule-Netz rührig vor:"Wenn man die Öffentlichkeitsarbeit im rechten 'Lager' betrachtet, so stellt man immer wieder fest, daß zwar hervorragende Publikationen und Periodika existieren, aber damit kaum Personen außerhalb unseres 'Ghettos' erreicht werden. Mit dem THULE-Netz soll der Ausbruch aus dieser verfahrenen Situation gewagt werden! Mit den Mailboxen des THULE-Netzes wollen wir eine Gegenöffentlichkeit schaffen - politisch, national. In den Mailboxen des THULE-Netzes stehen Texte und Informationen zu Themen wie Anti-Antifa, Europäischer Nationalismus, Gesellschaft, Jugendzeitungen, Kultur, Medien, Organisation, Konservative Revolution, Recht, Zeitgeschichte und vielen anderen Bereichen mehr. Über das Netz lassen sich nationale Aktivisten und Pressedienste, Verlage und Parteien erreichen."

Ausblick
So bietet sich die Web-Version des Thule-Netzes als Plattform für andere national gesinnte Verlage und Organisationen an. Bis dato findet man nur Werbung und Instruktionen für den Gebrauch der Thule-Mailboxen, Links, einige "harmlose" Textchen und potentielle Anbieter von revisionistischer Literatur bis hin zum germanischen Schamanenlehrgang auf der Web-Site.

Der eigentliche Inhalt liegt weiterhin Passwort- und PGPgeschützt in den Mailboxen. Erste Erfahrungen werden nun wohl gesammelt, um dann später wohl ganz in das immer populärer werdende Netz der Netze einzusteigen. Denn in jeder Hinsicht überwiegen die Vorteile einer Web-Präsenz über die einer Mailbox- basierten Kommunikation. Der Web-Server (www.thulenet.com) steht anscheinend sicher vor dem Zugriff deutscher Sicherheitsbehörden im Ausland (der Amerikaner Don Black, s. Free Speech for Nazis, ist mutmaßlich behilflich) und im Gegensatz zu den Thule-Mailboxen können auch technisch Unbedarfte die Thule-Page ansteuern. Für die Öffentlichkeit nicht bestimmte Bereiche, und das ist der Großteil des Thule Angebots, können genauso gesichert werden wie bisher. Der vom Thule-Netz postulierte Anspruch, aus dem Ghetto des rechten Lagers auszubrechen, wird im World Wide Web eingelöst.

Der Wildpark-User, der mich auf die Elias-URL Aufmerksam machte, beendete sein Mail mit dem konsenswürdigen Satz: "Obwohl ich auch für Informationsfreiheit bin, kann und werde ich nicht akzeptieren, daß solche Seiten angeboten werden, zumal das erst der Anfang ist, und sie immer mehr mit diesem Medium arbeiten werden!" Wir bleiben weiterhin am Ball und können hoffentlich bald von Aktionen berichten, die den Surf-Nazis ein paar Schwierigkeiten bereiten werden...

Jörg Koch

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Layout: Birgit Pauli-Haack 1997